Der Pandemieplan legt fest, welche Aufgaben, Kompetenzen und Zuständigkeiten in der Kommunikation gelten. Er berücksichtigt die Bedürfnisse der Anspruchsgruppen und sorgt für eine koordinierte Zusammenarbeit zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden.
Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten
Der Bundesrat ist im Pandemiefall zuständig für die Kommunikation gegenüber der Öffentlichkeit (KOBV, Artikel 17). Er kann die Bundeskanzlei oder das federführende Departement mit der Koordination beauftragen. Der Bundesrat legt fest, wer bzw. welche Magistratsperson vor die Medien tritt. Für die fachliche Kommunikation ist das Bundesamt für Gesundheit (BAG) zuständig. Die Umsetzung erfolgt in enger Abstimmung zwischen den zuständigen Bundesbehörden und den kantonalen Behörden sowie mit weiteren Partnerinnen und Partnern, um eine koordinierte und kohärente Informationsweitergabe sicherzustellen.
Was die Kommunikation gegenüber Kantonen bzw. mit Konkordaten, Städten und Gemeindeverbänden betrifft, sind die von der Krise betroffenen Kantone auf Stufe des operativen Krisenstabs des Bundes (OPK) und/oder über den politisch-strategischen Krisenstab (PSK) einbezogen. Es liegt in der Verantwortung der Kantone, die notwendigen Informationen mit den kantonsinternen Strukturen wie Städten, Gemeinden und interkantonale Konkordate weiterzuleiten.
Die Definition der Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten (AKV) für die Kommunikation im Falle einer Pandemie ist aus mehreren Gründen wichtig:
In einer Pandemie sind schnelle und präzise Kommunikationswege entscheidend. Durch eine klare AKV-Zuordnung wird festgelegt, wer für die Kommunikation verantwortlich ist. Dies verhindert Missverständnisse und stellt sicher, dass wichtige Informationen nicht verloren gehen oder verzögert werden.
Wenn Aufgaben und Kompetenzen nicht klar geregelt sind, besteht die Gefahr, dass mehrere Stellen die gleichen Informationen weitergeben oder Aufgaben doppelt bearbeitet werden. Eine klare AKV-Zuordnung hilft, Ressourcen effizient zu nutzen und Missverständnisse zu vermeiden.
Wenn die gleichen Inhalte in verschiedenen Formulierungen von unterschiedlichen Stellen wiedergegeben werden, führt dies zu Missverständnissen. In einer Krise ist es essenziell, dass Informationen verlässlich, aktuell und korrekt sind. Das AKV-Prinzip hilft, klare Verantwortlichkeiten für die Qualität der Informationen festzulegen. Wer im Krisenfall für die Kommunikation zuständig ist, trägt die Verantwortung dafür, dass nur geprüfte und freigegebene Informationen verbreitet werden.
Eine gut definierte AKV in der Kommunikation reduziert Abstimmungsprozesse und schafft klare Entscheidungswege. Dies ist in einer Pandemie besonders wichtig, da oft schnell gehandelt werden muss und Verzögerungen durch langwierige Abstimmungen gravierende Folgen haben können.
Klare Kommunikation ist entscheidend, um Vertrauen bei den Mitarbeitenden und in der Öffentlichkeit zu schaffen und zu stärken. Wenn festgelegt ist, wer kommunizieren darf und welche Informationen wann weitergegeben werden, wirkt dies glaubwürdig und vermittelt Sicherheit. In einer Pandemie kann dies helfen, Panik zu vermeiden und die Akzeptanz für Massnahmen zu fördern.
Die AKV-Regelungen erleichtern die Dokumentation von Entscheidungen und Informationsflüssen. Im Nachhinein kann so genau nachvollzogen werden, wer für welche Entscheidungen und welche kommunikativen Massnahmen verantwortlich war. Dies ist hilfreich für die Evaluation nach der Pandemie und für die Erstellung zukünftiger Pandemiepläne.
Anspruchsgruppen der Pandemiekommunikation
Die Kommunikation vor, während und nach einer Pandemie muss eine Vielzahl von Anspruchsgruppen (Stakeholder) berücksichtigen, da unterschiedliche Gruppen spezifische Informationsbedürfnisse, Interessen und Erwartungen haben.
Hier folgt eine Liste der wichtigsten Anspruchsgruppen und ihre typischen Bedürfnisse:
Bedürfnisse: Verlässliche, verständliche und zeitnahe Informationen über die Risiken, Schutzmassnahmen, Impfungen und Verhaltensregeln
Ziel: Information, Vermeidung von Panik, Förderung von Schutzverhalten und Aufklärung
Anspruchsgruppen: Fachpersonen wie Ärztinnen und Ärzte, Pflegepersonal, Apotheken, Spitäler und Kliniken, Institutionen mit stationären und halbstationären Angeboten, Ligen, Stiftungen und Verbände
Bedürfnisse: Fachspezifische und praxisnahe Informationen über Symptome, Behandlungsmöglichkeiten, Kapazitäten und Ressourcen; frühzeitige Information zu neuen Massnahmen
Ziel: Sicherstellung der Versorgung, Vermeidung von Überlastung, klare Richtlinien, Expertise bei der Validierung der Kommunikationsstrategie, Erprobung der Ziele, Botschaften und Verbreitungskanäle aller Kommunikationskampagnen
Anspruchsgruppen: Ältere Menschen, chronisch Kranke, immungeschwächte Personen
Bedürfnisse: Zielgerichtete Informationen über besondere Schutzmassnahmen und Unterstützungsmöglichkeiten
Ziel: Information, Vermeidung von Panik, Schutz und Förderung der Gesundheit
Anspruchsgruppen: Regierungen, Parlamente und Verwaltung auf nationaler, kantonaler und kommunaler Ebene
Bedürfnisse: Daten und Fakten zur Entscheidungsfindung, Unterstützung bei der Umsetzung von Massnahmen
Ziel: Effektive Steuerung und Kommunikation von Massnahmen
Bedürfnisse: Informationen zu Arbeitsplatzsicherheit, finanziellen Unterstützungen, Hygieneauflagen
Ziel: Minimierung wirtschaftlicher Schäden, Aufrechterhaltung der Arbeitsfähigkeit
Anspruchsgruppen: Nachrichtenagenturen, Printmedien, Radio und Fernsehen, soziale Medien, Nachrichtenportale, spezifische Medien, etwa für Migrantinnen und Migranten Diaspora TV
Bedürfnisse: Schnelle und präzise Informationen für die Berichterstattung
Ziel: Verbreitung der zentralen Botschaften, Reduktion von Fehlinformationen, Förderung der Transparenz
Bedürfnisse: Informationen zu Hygienekonzepten, digitalen Lernformaten und Fördermassnahmen
Ziel: Sicherstellung der Bildung unter Schutz der Gesundheit
Anspruchsgruppen: Universitäten, Forschungsinstitute, Forschende, globale Organisationen und Netzwerke
Bedürfnisse: Austausch aktueller Erkenntnisse, Zugang zu Daten und Studien
Ziel: Entwicklung von Impfstoffen, Arzneimittel und Strategien
Anspruchsgruppen: Nichtregierungs- und Hilfsorganisationen, Kooperationspartnerinnen und -partner, Spenderinnen und Spender, freiwillige Mitarbeitende der Organisationen
Bedürfnisse: Informationen zur Lage vor Ort, Koordination von Hilfsmassnahmen
Anspruchsgruppen: Sportvereine, Kulturvereine, Veranstalterinnen und Veranstalter, Künstlerinnen und Künstler
Bedürfnisse: Informationen zu Schutzmassnahmen bei Veranstaltungen, Kapazitätsbegrenzungen, finanzielle Unterstützung und alternative Durchführungsformate
Ziel: Aufrechterhaltung von Freizeitangeboten, Einhaltung von Schutzmassnahmen, Unterstützung der Betroffenen, soziale Teilhabe
Bedürfnisse: Informationen zu Schutzmassnahmen bei Gottesdiensten, Gebeten, Versammlungen, Unterstützung bei der Weitergabe von Informationen an die Gemeinschaften
Ziel: Förderung von Schutzverhalten, Förderung der psychischen Gesundheit, soziale Teilhabe, Erhalt der spirituellen Betreuung
Anspruchsgruppen: Weltgesundheitsorganisation (WHO), Europäische Union (EU), Europäisches Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC), Nachbarländer, Diplomatisches Corps, World Organisation for Animal Health (WOAH)
Bedürfnisse: Datenaustausch, Koordination von Massnahmen, globale Strategien
Ziel: Eindämmung der Pandemie auf globaler Ebene
Zusammenarbeit Bund, Kantone und Gemeinden
Kantone, Städte und Gemeinden sind nahe an der Bevölkerung und spielen bei der Pandemievorbereitung sowie bei der Umsetzung von Massnahmen und in der Krisenkommunikation eine wichtige Rolle. In Krisen sind es die lokalen Behörden, die mit den konkreten Folgen einer Pandemie konfrontiert sind. Um Entscheidungen in ihrem Zuständigkeitsbereich treffen zu können, müssen sie über die Gesundheitslage und deren Entwicklung informiert sein. Eine gute und rechtzeitige Vorbereitung gemäss den kantonalen und eidgenössischen Richtlinien sowie eine gute Zusammenarbeit zwischen Kanton und Gemeinden tragen wesentlich dazu bei, im Ernstfall optimal handeln zu können.
Auch wenn die Umsetzung der Massnahmen den Kantonen obliegt, ist es wichtig, die Gemeinden und Städte einzubeziehen, damit die Kommunikation bis auf Gemeindeebene sichergestellt werden kann. Die meisten Gemeinden verfügen über keinen Pandemieplan, sind aber in die kantonalen und regionalen Führungsorgane eingebunden. In den meisten Kantonen sorgen die kantonalen Gemeindeverbände, in enger Abstimmung mit dem Krisenstab oder dem kantonalen Führungsorgan, für die Information der einzelnen Gemeinden und Städte. Dies betrifft insbesondere Schutzkonzepte für Alters- und Pflegeheime sowie Einrichtungen wie Hallenbäder, Sportanlagen oder ähnliches.
Abgestimmte Kommunikation
Um das Vertrauen der Bevölkerung in Massnahmen zur Pandemiebekämpfung zu wahren, ist es wichtig, dass Bund und Kantone ihre Kommunikation aufeinander abstimmen und die Kantone Informationen mit zeitlichem Vorsprung erhalten. Möglichst einheitliche, verständliche und transparente Botschaften und Informationen bis auf kommunaler Ebene sind essenziell, um die Akzeptanz und das Vertrauen in die Entscheide der Behörden zu fördern. Die Kantone und Gemeinden nehmen in ihrer Kommunikation Rücksicht auf ihre spezifischen Eigenheiten und passen die Kommunikation wo nötig an.
Die kommunale Ebene ist in die Kommunikation einzubeziehen, damit sie vor den Medien über die relevanten Informationen verfügen. So ist beispielsweise sicherzustellen, dass deren zuständige Stellen rasch genug mit den jeweiligen Informationen bedient werden, damit sie Medien Auskunft geben können (interne vor externer Kommunikation). Ansätze dazu finden sich bei den Empfehlungen. Auf dieser Grundlage setzen Gemeinden und Städte die Massnahmen entsprechend den Vorgaben von Bund und Kantonen um.
Gemeinde-Apps können als digitale Kommunikationsplattformen für die Einwohnerinnen und Einwohner eingesetzt werden.
Exkurs: Anspruchsgruppen im Gesundheitswesen
Angehörige der Gesundheitsberufe spielen schon in der normalen Lage beispielsweise bei Impfkampagnen als Multiplikatoren und Akteure eine wichtige Rolle. In jeder Phase einer Pandemie sollten die Behörden sicherstellen, dass diese Verbände so früh wie möglich konsultiert und die Fachinformationen für die Zielgruppen sowie Informationen für die Stakeholder gemeinsam erarbeitet werden.
Sie können an Arbeitsgruppen teilnehmen, um die Kommunikationsstrategie zu evaluieren. Entwickelt sich die Krise rasch, ist es schwierig, Botschaften direkt mit der Bevölkerung zu erproben, wie etwa mit Fokusgruppen. In der Regel können Vertretende der Verbände die Relevanz von Botschaften und die Verbreitungskanäle evaluieren.
Weitere Informationen
Diese Dokumente stammen aus der Metastudie von Interface (INTERFACE Politikstudien Forschung Beratung AG, Luzern/Lausanne) über die «Erkenntnisse aus den kantonalen Analysen zum Krisenmanagement während der Corona-Pandemie»:
Diese Dokumente stammen aus der Metastudie von Interface (INTERFACE Politikstudien Forschung Beratung AG, Luzern/Lausanne) über die «Erkenntnisse aus den kantonalen Analysen zum Krisenmanagement während der Corona-Pandemie»: