Grundlagen
Eine klare Kommunikation ist in allen vier Phasen einer Pandemie entscheidend, um Orientierung zu bieten, Vertrauen zu schaffen und die Bevölkerung einzubeziehen. Dabei werden zentrale Grundlagen thematisiert.
Herausforderungen und Zielsetzung
Die Kommunikation spielt vor, während und nach einer Pandemie eine wichtige Rolle. Je nach Phase stehen dabei unterschiedliche Wissens- und Verhaltensziele im Vordergrund. Grundsätzlich gilt: Die Bevölkerung muss rasch und transparent über die Lage und deren Entwicklung informiert werden. Sie muss wissen, wie sie sich schützen kann.
Die grösste Herausforderung für die Kommunikation während einer Pandemie ist es, die Bevölkerung kontinuierlich, schnell und transparent zu informieren. Damit soll Vertrauen in die Entscheidungen und Empfehlungen der Politik und der Gesundheitsbehörden geschaffen und aufrecht erhalten werden. Die Bevölkerung muss Zugang zu den relevanten Informationen haben. Auch Wissenslücken oder Unsicherheiten müssen kommuniziert werden. Dabei ist zu beachten, dass insbesondere zu Beginn einer Pandemie wissenschaftliche Erkenntnisse oft erst verzögert vorliegen, die Behörden trotz allem aber schon Entscheidungen treffen müssen.
Die Kommunikation steht damit vor zahlreichen Herausforderungen, denen im Falle einer Pandemie begegnet werden muss. Dazu gehören insbesondere:
Rasche Entwicklung der epidemiologischen Lage
- die Unsicherheit über das Ausmass und die Schwere der Bedrohung
- die schnelle Entwicklung der wissenschaftlichen Erkenntnisse
- Unterschiede in der Ausgestaltung möglicher Massnahmen in anderen Ländern oder innerhalb der Schweiz
- kurzfristige Änderungen der Empfehlungen, die der Bevölkerung manchmal widersprüchlich erscheinen mögen
Informationsmanagement
- die Notwendigkeit, die Bevölkerung rasch über die aktuelle Krise zu informieren
- die schiere Menge an verlässlichen und unzuverlässigen Informationen
- Schwierigkeiten, gewisse Bevölkerungsgruppen zu erreichen, z. B. aufgrund von Sprachbarrieren oder wegen sozialer Isolation
- Gerüchte und Fehlinformationen, die vor allem über soziale Netzwerke verbreitet werden
Reaktionen der Bevölkerung
- Skepsis gegenüber dem Vorgehen der Behörden in Teilen der Bevölkerung
- Stigmatisierung und Diskriminierung von Kranken und deren Angehörigen
- fehlende Solidarität in Bezug auf die Schutzmassnahmen
- Ermüdungserscheinungen bezüglich der Einhaltung von Massnahmen während einer länger anhaltenden Pandemie
Inhalte und Ziele der Kommunikation
Folgende Inhalte stehen im Zentrum:
- die aktuelle Situation, Gefährdung und Risiken
- Krankheitserreger, Übertragungswege, Symptome und Folgen
- Schutzmassnahmen und Behandlungsmöglichkeiten
- Richtigstellung von Falschinformationen
Mit einer geeigneten Kommunikation sollen Verhaltensweisen gefördert werden, die eine Übertragung verhindern und das Individuum sowie besonders gefährdete Personen schützen.
Einzelne Personen oder ganze Organisationen können zu aktiven Multiplikatoren der Informationen werden. Sie müssen schnell und umfassend mit Informationen versorgt werden. Die Behörden müssen die Entwicklung von Falsch- und Desinformation beobachten und eine klare Strategie zur Bewältigung der Desinformation verfolgen.
Die vier Phasen der Kommunikation
Die Kommunikation im Pandemiefall wird in vier Phasen unterteilt: In der interpandemischen Phase werden Grundwissen zu pandemischen Erregern sowie wirksame Verhaltens- und Schutzmassnahmen kommuniziert. In der Anfangsphase vertieft die Kommunikation die Information über präventive Massnahmen und thematisiert auch Unsicherheiten. Während einer Pandemie steht eine rasche und koordinierte Kommunikation zu Schutzmassnahmen im Zentrum. Nach der Krise werden die Massnahmen bewertet und Langzeitfolgen kommunikativ begleitet.
Sensibilisierung in der interpandemischen Phase
In der interpandemischen Phase geht es darum, der Bevölkerung das Grundwissen über pandemische Krankheitserreger und effektive Verhaltens- und Schutzmassnahmen zu vermitteln. Die Kommunikation berücksichtigt dabei die besonderen Bedürfnisse vulnerabler Gruppen innerhalb der Bevölkerung.
Akteure wie Kantone und Leistungserbringer des Gesundheitswesens spielen bereits in dieser Phase eine wichtige Rolle als Multiplikatoren. Sie tragen über gemeinsame oder eigene Informationsplattformen zum Wissen in der Bevölkerung bei. Daneben sollen in dieser Phase Massnahmen und Kommunikationsmittel, die im Falle einer Pandemie erforderlich sind, geplant werden.
Kommunikation in der initialen Phase
Die Kommunikation in der initialen Phase fokussiert auf Prävention und baut auf der Sensibilisierungsphase auf. In dieser Phase soll kontinuierlich, transparent und möglichst umfassend über den aktuellen Stand des Wissens bezüglich einer bevorstehenden Pandemie informiert werden. So soll das in der Sensibilisierungsphase erworbene Grundwissen gefestigt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die pandemische Situation unterschiedlich schnell entwickeln kann. Der Informationsbedarf bleibt konstant hoch.
Unsicherheiten und Wissenslücken müssen in dieser Phase explizit angesprochen werden. Die geplanten Kommunikationsmassnahmen und -mittel werden lanciert und eingeführt. Gleichzeitig erfolgt die Vorbereitung auf einen erhöhten Informationsbedarf.
Kommunikation in der pandemischen Phase
Für die pandemische Phase gelten die Grundsätze der Krisenkommunikation. Es besteht ein enormer Informationsbedarf, der rasch gedeckt werden muss und mit zunehmender Verschärfung der epidemiologischen Lage weiter steigt.
Um eine rasche, kohärente Kommunikation sicherzustellen, muss sie zwischen allen involvierten Akteurinnen und Akteuren gut abgestimmt werden. Ziel ist, dass alle Beteiligten auf dem gleichen Wissensstand sind und die gleichen Botschaften vermitteln.
Die Vermittlung der Botschaften läuft über verschiedene Kanäle: via Medienarbeit, Informationskampagnen sowie weitere klassische Kommunikationsmittel wie TV-Spots oder Plakate. Die sozialen Medien spielen ebenfalls eine zentrale Rolle, um eine kontinuierliche Information sicherzustellen. In dieser Phase ist auch mit der Verbreitung von Falschmeldungen zu rechnen.
Die Frage nach der Zuständigkeit und Verantwortung der einzelnen Akteurinnen und Akteure muss rasch geklärt werden. Der Bund ist für die Koordination der Kommunikation und die Bekanntgabe von Beginn und Ende der Pandemie zuständig.
Kommunikation in der Stabilisierungsphase
In der Stabilisierungsphase werden die ergriffenen Kommunikationsmassnahmen und Instrumente evaluiert, um zu klären, was sich bewährt hat und was im Hinblick auf eine nächste Pandemie verändert bzw. verbessert werden soll. Diese Erkenntnisse werden der Bevölkerung zugänglich gemacht.
In dieser Phase erwarten Öffentlichkeit, Medien und die politischen Institutionen eine Bestandsaufnahme und eine bilanzierende Einschätzung zu den Verantwortlichkeiten. Die Behörden evaluieren ihre Entscheidungen und Strategien und informieren über die daraus gezogenen Erkenntnisse. Die Kommunikation zu Langzeitfolgen der Pandemie wie beispielsweise psychische Belastungen infolge Einsamkeit oder anhaltende gesundheitliche Beschwerden sollte transparent, klar und empathisch erfolgen.
Kommunikationsstrategien
Mit einer Strategie für die Kommunikation wird sichergestellt, dass Informationen schnell, klar und einheitlich an die Bevölkerung gelangen. Sie trägt entscheidend dazu bei, Unsicherheiten zu minimieren, Vertrauen aufzubauen und die Bevölkerung zu verantwortungsvollem Verhalten zu bewegen. Die relevanten Informationen müssen zielgruppengerecht aufbereitet und für die richtigen Personengruppen zur richtigen Zeit bereitgestellt werden.
Die Strategie umfasst drei Hauptziele:
- Wissen vermitteln und sensibilisieren
- Orientierung bieten, Vertrauen schaffen und Anpassung des Verhaltens fördern
- Informationsflut bewältigen und mit Falschinformationen umgehen
Wissen vermitteln und sensibilisieren
Die Krisenkommunikation basiert auf Transparenz, Konsistenz und Geschwindigkeit, um damit klare, vertrauenswürdige Informationen zu vermitteln und Unsicherheiten zu minimieren. Es gelten folgende Grundsätze:
- Transparenz: Klare, regelmässige Kommunikation, auch wenn noch nicht alle Informationen vorliegen. Unsicherheiten aktiv ansprechen, um das Vertrauen zu fördern.
- Konsistenz: Einheitliche Informationen und Botschaften. Widersprüchliche Aussagen vermeiden, die zu Verwirrung führen können. Eine enge Abstimmung zwischen den verschiedenen Akteuren und Institutionen ist zentral.
- Zielgerichtet: Kommunikation muss auf die Bedürfnisse und Sorgen der Zielgruppen abgestimmt sein. Sie soll alle wichtigen Informationen und klare Handlungsanweisungen vermitteln.
- Reaktionsschnelligkeit: Schnell und effizient auf neue Entwicklungen und neue Fragen reagieren.
- Empathie: Die belastende Situation und die Reaktionen der Bevölkerung und einzelner Bevölkerungsgruppen anerkennen. Dies kann helfen, das Vertrauen und das Verständnis für schwerwiegende Massnahmen zu fördern.
- Umgang mit Falschinformationen: Falschinformationen mit aktiver, zeitnaher Kommunikation von gesicherten Fakten begegnen.
- Langfristige Kommunikation: Nach der akuten Pandemiephase die Öffentlichkeit kontinuierlich über Langzeitfolgen oder mögliche langfristige präventive Verhaltensmassnahmen informieren.
Orientierung bieten, Vertrauen schaffen und Anpassung des Verhaltens fördern
Um eine Pandemie eindämmen zu können und sich und andere zu schützen oder Zugang zu Behandlungsmöglichkeiten zu erhalten, können Verhaltensanpassungen erforderlich sein. Damit die Bevölkerung das nötige Verständnis und die Bereitschaft für solche Anpassungen aufbringt, müssen die Gründe und die Ziele dieser Anpassungen gut erklärt und verstanden werden.
Durch Umfragen, Fokusgruppen oder das Monitoring sozialer Netzwerke können Verständnis und Erwartungen, aber auch Ängste und Widerstände identifiziert werden. Auf diese Weise lassen sich der Informationsbedarf und die Ziele einer möglichen Kampagne festlegen und schärfen. Der Einbezug von zentralen Akteurinnen und Akteuren stärkt die Kommunikationsmassnahmen.
Die allgemeinen Verhaltensempfehlungen informieren und sensibilisieren die Bevölkerung. Sie ermutigen sie, Verantwortung für ihr Handeln zu übernehmen und einen Beitrag zur Bekämpfung einer Pandemie zu leisten. Die Aufklärung muss frühzeitig und kontinuierlich erfolgen. Sie soll ab dem ersten Auftreten von Warnzeichen, das heisst in der Anfangsphase einer Pandemie, zielgerichtet erfolgen.
Neben der reinen Wissensvermittlung gilt es auch, die Motivation im Auge zu behalten. Diese kann je nach Phase stark schwanken. Optimismus und Solidarität können mit der Zeit abnehmen und in Existenzängste, Frustration und Ungeduld umschlagen oder zu Isolation und Depression führen. Es ist wichtig, auf eine empathische, der Situation angepasste Kommunikation zu achten.
Informationsflut bewältigen und mit Falschinformationen umgehen
In einer Pandemie tauchen auch falsche oder irreführende Behauptungen auf. Widersprüchliche Informationen führen zu Verwirrung und können eine zielführende Bewältigung der Pandemie erschweren. Bewusst oder unbewusst gestreute falsche oder irreführende Informationen können zu Misstrauen gegenüber den Gesundheitsbehörden oder dazu führen, dass Teile der Bevölkerung bewährte Massnahmen zur Infektionsbekämpfung skeptisch beurteilen.
Aufgrund der wachsenden Zahl an sozialen Medien und anderer Online-Plattformen ist es schwierig, die korrekten Informationen zu finden. Es braucht darum einen strategischen Ansatz zur Bewältigung der Informationsflut.
Folgende Strategien können dabei helfen, die Informationsflut einzudämmen:
Partizipation ermöglichen
Partizipation spielt eine zentrale Rolle, da sie das Vertrauen und die Akzeptanz der Bevölkerung stärkt. Wenn Menschen die Möglichkeit haben, sich aktiv einzubringen, Fragen zu stellen und Bedenken zu äussern, fühlen sie sich ernst genommen und sind eher bereit, Massnahmen zu befolgen. Partizipative Ansätze fördern zudem den Austausch zwischen Behörden und Bevölkerung und verbessern die Reaktionsfähigkeit auf Bedürfnisse und Sorgen der Menschen, wodurch die Wirksamkeit der Krisenkommunikation deutlich erhöht wird.