Gesundheitliche Auswirkungen
Krisen sind mit Unsicherheiten und Stress verbunden und können die psychische Gesundheit beeinträchtigen. Schwere Erkrankungen und ihre Behandlung können kurz- bis langfristige physische und psychische Auswirkungen haben. Betroffene Personengruppen sind zu unterstützen.
Psychische Gesundheit
Krisen sind oft mit Unsicherheiten bis hin zu Existenzängsten verbunden. Sie können psychosoziale Belastungen hervorrufen sowie psychische Erkrankungen auslösen oder verstärken. Diese Folgen können kurzzeitig bis langfristig auftreten.
Die psychische Gesundheit und die psychosozialen Folgen sind daher in allen Phasen systematisch zu berücksichtigen: in der Vorbereitung, der Bewältigung und bei der Erholungsphase respektive der langfristigen Post-Ereignis-Phase. Dazu soll die Überwachung auch ein Monitoring zu Wohlbefinden, psychischer Gesundheit sowie Schutz- und Risikofaktoren ermöglichen. Eine adäquate und klare Kommunikation unterstützt die individuelle Bewältigung. Hilfs-, Beratungs- und Therapieangebote sollen entsprechend auf- oder ausgebaut werden und der Bevölkerung bekannt sein. Besonderes Augenmerk gilt den Angeboten für Kinder und Jugendliche (siehe Soziale Auswirkungen).
Längerfristige gesundheitliche Folgen
Nach der akuten Phase einer Krankheit kann es bei einem Teil der Betroffenen zu längerfristigen bis chronischen Folgen kommen, was sich auch auf die Arbeitsfähigkeit auswirken kann.
Längerfristige gesundheitliche Folgen nach Infektionskrankheiten werden typischerweise (aber nicht ausschliesslich) in zwei Entstehungen beschrieben:
Erstens können Infektionskrankheiten in der akuten Phase eine schwere Einschränkung der Gesundheit verursachen. Nach dieser Phase sind die Erreger zwar nicht mehr nachweisbar (respektive sie sind eradiziert), aber die Erholung der Gesundheit dauert sehr lange. Bei gewissen Betroffen bleiben lebenslange Restsymptome. Die Ursachen solcher Entwicklungen sind noch nicht geklärt, und oft existiert kein diagnostischer Test. Die Diagnose wird meist aufgrund von mehreren Symptomkriterien postuliert. Als Paradebeispiel von längerfristigen gesundheitlichen Folgen wird seit der Covid-19-Pandemie die Post-Covid-19-Erkrankung genannt. Das Spektrum an Symptomen der Beschwerden ist breit. Dazu gehören u.a. Müdigkeit, kognitive Störungen, Schlafstörungen, Kurzatmigkeit, Kopfschmerzen, Schmerzen und Verdauungsstörungen oder psychische Beschwerden. Solche Langzeitfolgen könnten auch nach Infektionen mit anderen Erregern auftreten.
Zweitens können Infektionskrankheiten nach der akuten Phase in einen chronischen Zustand gehen. Die betroffene Person ist in diesem Szenario immer noch der Wirt des Erregers (zum Beispiel HIV). Die Erreger können dem Immunsystem entgehen, sodass es zu keiner Eradizierung kommt. Sie persistieren in verschiedenen Organen. Entsprechend kann es im (längerfristigen) Verlauf zu Schäden in den jeweiligen Organen kommen (zum Beispiel zu Leberzirrhose).
Solche Krankheiten (und längerfristige Folgen) werden im klinischen Alltag in nicht-Krisenzeiten immer wieder bei einem Prozentsatz von Erkrankten beobachtet. Das Ausmass ist nach einer Pandemie, in der viele Menschen mit dem pandemischen Erreger infiziert werden, um ein Vielfaches grösser. Es ist wichtig, während einer Pandemie auf diese möglichen Folgen hinzuweisen, Betroffene rasch zu identifizieren und ihnen entsprechende Nachbetreuung und Unterstützung anzubieten. Folglich müssen Fachgesellschaften Diagnosekriterien etablieren und Forschungsprojekte lancieren, welche die Evidenz von Unterstützungs- und Therapiemöglichkeiten aufzeigen.
Längerfristige gesundheitlichen Folgen können negative psychische und sozio-ökonomische Auswirkungen haben. Als Beispiel sind chronische Infektionskrankheiten erwähnt, die eine evidenz-basierte wirksame Therapie benötigen. Die Therapie kann den verursachenden Erreger eradizieren oder unterdrücken (supprimieren). Die Therapie kann zum Beispiel bei HIV lebenslang notwendig sein. Die Erkrankung und ggf. die Therapie sowie damit verbundene Unsicherheiten belasten Betroffene und können ihren Alltag, ihre sozialen Kontakte sowie die Ausübung einer Erwerbstätigkeit einschränken oder verhindern, was sich wiederum negativ auf die Gesundheit auswirken kann. Dieses Szenario wird typischerweise bei Betroffenen beobachtet, die gemäss obengenanntem zweiten Szenario immer noch Wirt des Erregers sind. Ohne Therapie verschlechtert sich der Zustand der Betroffenen. Bei Therapieabbruch flammt die Infektionskrankheit wieder auf. Diese Auswirkungen sind ebenfalls für das erste Szenario denkbar, wenn in Zukunft evidenz-basierte wirksame Therapie gegen post-infektiöse Syndromkomplexe entwickelt werden.
Die Zugänglichkeit sowie die Finanzierung wirksamer Therapien zur Behandlung von gesundheitlichen Langzeitfolgen ist über die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) sicherzustellen.